… liegt in Luxemburg, einen Katzensprung entfernt vom Europäischen Gerichtshof (EuGH). Meine Vermutung am Tag 1 nach Bekanntgabe der Brexit-Stimmergebnisse: Kommt der Brexit zustande, kommt der EFTA-Gerichtshof zu besonderen Ehren. Die Rechtsvorschriften der EFTA (European Free Trade Association, Europäische Freihandelsassoziation) bestehen weitestgehend aus übernommenem EU-Recht inklusive der Freizügigkeitsvorschriften. Sie gelten in der Schweiz, in Liechtenstein, in Norwegen und in Island. Bevor Großbritannien 1973 der EWG beitrat, galten sie auch im Vereinigten Königreich. Damals gab es aber den EFTA-Gerichtshofs, dessen Rechtsprechung sich eng an die des EuGH anlehnt, noch nicht. Schwer vorstellbar, dass Großbritannien nach dem Brexit eine andere höchstrichteriche Instanz heraushandeln kann, welche die normalen rechtlichen Konflikte zwischen europäischen Ländern oder EU-Institutionen und dem dann EU-unabhängigen Vereinigten Königreich reguliert. Diese Aufgabe muss dann der EFTA-Gerichthof erledigen. Er wurde eingerichtet, nachdem die Europäische Union sich 1992 mit drei der vier verbliebenen EFTA-Länder Norwegen, Island, Liechtenstein, nicht aber der Schweiz, auf einen gemeinsamen Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verständigt hatte. Die Europäische Union wird den Briten den EFTA-Status im Rahmen des EWR zugestehen, aber kaum die darüber hinausgehenden privilegierten Rechte der Schweiz ohne eine formalisierte Regulierungsinstanz eines verbindlich entscheidendes Gerichtshofs über alle bilateralen Konflikte. Vor vier Jahren entschied die Kommission auch in aller Form, solche Ausnahmeabkommen mit Ländern außerhalb des EWR für die Zukunft auszuschließen.
Meine Spekulation deshalb: Die Briten kriegen das sehr bald spitz, wählen eine Labour-Regierung und widerrufen ihr Plebiszit. Ich weiß, das klingt verrückt. Aber nicht verrückter, als die Erwartung eines freien europäischen Marktzugangs ohne europäische Freizügigkeit, wie es die „Leave“-Stimmung beim Brexit-Plebiszit offenbar unterstellte.